Freitag, 17. Juni 2016

Rezension zu "Was Ich Euch Nicht Erzählte" von Celeste Ng

Quelle: lovelybooks.de
Sterne: 4/5
Seiten: 280
Preis: 19,90€

Inhalt:

"Lydia ist tot." Der erste Satz, ein Schlag, eine Katastrophe. Am Morgen des 3. Mai 1977 erscheint sie nicht zum Frühstück. Am folgenden Tag findet die Polizei Lydias Leiche. Mord oder Selbstmord? Die Lieblingstochter von James und Marilyn Lee war ein ruhiges, strebsames und intelligentes Mädchen. Für den älteren Bruder Nathan steht fest, dass der gutaussehende Jack an Lydias Tod Schuld hat. Marilyn, die ehrgeizige Mutter, geht manisch auf Spurensuche. James, Sohn chinesischer Einwanderer, bricht vor Trauer um die Tochter das Herz. Allein die stille Hannah ahnt etwas von den Problemen der großen Schwester. Was bedeutet es, sein Leben in die Hand zu nehmen? Welche Kraft hat all das Ungesagte, das Menschen oft in einem privaten Abgrund gefangen hält? Nur der Leser erfährt am Ende, was sich in jener Nacht wirklich ereignet hat.
Meine Meinung:

Mir hat das Buch sehr gut gefallen!
Zuerst muss ich sagen: Das Buch entspricht nicht meinem Genre, es war weder Krimi, noch Thriller, noch fand ich es zu irgendeinem Zeitpunkt auch nur annähernd spannend. Diesbezüglich hätte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet, da es unter anderem mit Thriller beworben wurde. In diesem Aspekt wurde ich enttäuscht.
Allerdings hat mir die Geschichte auch ohne Spannung und Polizeiarbeit sehr gut gefallen. Meiner Meinung nach wurde hier weniger das Verschwinden und der Tod der Tochter aufgeklärt, als dass eine tragische Familiengeschichte erzählt wurde; eine Situation, die auch heute, 40 Jahre nach der Zeit in der das Buch spielt, noch sehr aktuell ist:
Kinder, die die Träume ihrer Eltern verwirklichen müssen und daran zerbrechen. 
Lydia tat mir das ganze Buch lang leid. Sie sollte den Traum ihrer Mutter, Ärztin zu werden, verwirklichen, obwohl es sie nicht unbedingt interessiert hat. Sie hatte irgendwann kein richtiges Sozialleben mehr, die Freunde, die ihr Vater dachte, dass sie hat, waren nichts weiter als Klassenkameradinnen, die sie kaum kannten. Eine Stelle im Buch hat mich besonders schockiert: Lydia hört Musik, und ihre Mutter kommt rein und sagt, sie muss erst die Hausaufgaben machen, bevor sie Musik hören darf. Es ist nur eine solche Kleinigkeit, aber auch die wird der 16-jährigen untersagt. 
Ein weiteres aktuelles Problem wird hier behandelt: Die Intoleranz gegenüber Ausländern. In dem Buch wird sehr oft darauf hingewiesen, dass die halb-chinesische Familie dort nicht willkommen ist. Oft werden die Augen zu Schlitzen verzogen, oder sie werden komisch angeschaut. Allerdings spielt das Buch, wie schon gesagt, vor 40 Jahren, und so weit, wie die Globalisierung mittlerweile fortgeschritten ist, und in Anbetracht der Tatsache, dass vor allem  in den USA sehr viele Ausländer leben, kann ich mir nur schlecht vorstellen, dass sie immer noch so stark diskriminiert werden. Aber es ist trotzdem eine leise Erinnerung an den Leser, dass alle Menschen gleich sind, egal wo sie herkommen, oder wie sie aussehen.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, auch der Perspektivenwechsel zwischen den einzelnen Personen war sehr hilfreich, um die Geschichte vollends zu verstehen. So wird deutlich, was jeder einzelne denkt, und das ist in diesem Buch, in dem es viel um Geheimnisse geht, essentiell.
Die Charaktere waren mir, bis auf die Eltern sympathisch. Auf die Mutter Marilyn war ich oft sauer, weil sie ihre Tochter so unter Druck setzt und ihr keinerlei Sozialleben mehr gönnt. Der Vater James war mir auch sehr unsympathisch: Er hatte ein sehr traditionelles Bild von Frauen; sie gehören in die Küche und müssen kochen, backen, putzen, Kinder erziehen. Mir ist bewusst, dass das Buch in einer Zeit spielt, wo die Emanzipation noch nicht ganz so weit fortgeschritten war, auch wenn es nur 40 Jahre her ist. Trotzdem fand ich es als junge Frau, die im 21. Jahrhundert lebt, fürchterlich unverschämt von ihm, seiner Frau das Studieren und Arbeiten zu studieren. Sogesehen trägt er auf jeden Fall Mitschuld an dem, was Marilyn Lydia angetan hat, und wozu das letztendlich geführt hat.

Fazit: Zwar ist "Was ich euch nicht erzählte" nicht unbedingt spannend, aber es ist ein gut geschriebenes Buch, was Eltern daran erinnern soll, ihre Kinder ihr eigenes Leben leben zu lassen. Mit 280 Seiten ist es auch relativ schnell gelesen, sodass es es auf jeden Fall Wert ist!

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